Die Ukraine hat die Hafenstadt Sewastopol auf der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim in der Nacht zum Sonntag erneut mit Raketen beschossen. Bei dem groß angelegten Luftangriff sei ein 65-jähriger Einwohner der Stadt durch Raketensplitter ums Leben gekommen, vier weitere seien verletzt worden, teilte der von Russland eingesetzte Stadtchefs von Sewastopol, Michail Raswoschajew, auf seinem Telegram-Kanal mit. Der „massivste Angriff in der vergangenen Zeit“ sei vom Militär abgewehrt worden. Ukrainischen Medienberichten zufolge wurde bei dem Angriff das Hauptkommunikationszentrum der russischen Schwarzmeerflotte von drei Marschflugkörpern getroffen. Die genauen Auswirkungen der Attacke wurden zunächst nicht bekannt. Von ukrainischer Seite gab es keine offizielle Äußerung.
Am frühen Sonntagmorgen wurde der Fahrzeugverkehr über die Krim-Brücke zwischen der Halbinsel und dem russischen Festland zum zweiten Mal seit Samstagabend vorübergehend gestoppt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tass berichtete. Bereits am Samstagabend hatte es geheißen, die russische Flugabwehr habe über zehn Raketen und zahlreiche Drohnen abgeschossen. In den sozialen Medien kursierten Berichte über schwere Explosionen im Hafen von Sewastopol und möglichen Treffern auf einem dort liegenden Schiff.
Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben nicht. Die russische Seite, die seit mittlerweile mehr als zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen das Nachbarland führt, meldet im Fall ukrainischer Drohnenattacken oft nur vermeintliche Erfolge der eigenen Luftverteidigung. Für die russische Armee ist die Krim Aufmarschgebiet im Angriffskrieg gegen die Ukraine. Über die Halbinsel läuft der Nachschub an Soldaten, Waffen und Munition. Deshalb bemüht sich die Ukraine, russische Militärziele auf der Krim zu zerstören. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj strebt eine Rückeroberung der Halbinsel an.
Russland nimmt Kiew und Lemberg ins Visier
Derweil nahm das russische Militär die ukrainischen Großstädte Kiew und Charkiw ins Visier. Am frühen Sonntagmorgen teilte die Militärverwaltung von Kiew bei Telegram mit, Russland habe den dritten massiven Raketenangriff auf die Ukraine in den vergangenen vier Tagen gestartet. Die Millionenstadt sei davon zum zweiten Mal betroffen. Über und in der Nähe der Hauptstadt seien etwa ein Dutzend feindlicher Raketen von der Luftverteidigung abgeschossen worden. Die Marschflugkörper seien von strategischen Bomber abgefeuert worden. Der Luftalarm habe mehr als zwei Stunden gedauert. Nach vorläufigen Angaben habe es in Kiew keine Verletzten oder Schäden gegeben.
Nach dem Alarm in Kiew informierte Bürgermeister Vitali Klitschko über herabgestürzte Raketenteile in einem Stadtbezirk, die in einen Waldgürtel gefallen seien. Russland hatte Kiew bereits am Donnerstag mit einem nächtlichen Raketenangriff überzogen. 13 Menschen wurden verletzt.
Das westukrainische Gebiet Lemberg (Lwiw) sei von Russland mit etwa 20 Raketen und 17 Drohnen beschossen worden, bestätigte der Bürgermeister, Andrij Sadowyj, auf Telegram. In seiner Stadt, der größten Stadt der Westukraine, habe es keine Treffer gegeben. Zu möglichen Schäden im Umland äußerte er sich nicht.
Zuvor hatte das russische Militär am Samstag auch Charkiw angegriffen. Nach Berichten ukrainischer Medien schlugen im Laufe des Tages mehrere Raketen in der Stadt ein. Dabei kam mindestens ein Mensch ums Leben.
Polen meldet Verletzung des Luftraums
Russland hat bei den Raketenangriffen polnischen Angaben zufolge kurzzeitig den Luftraum des NATO-Mitglieds Polen verletzt. Am 24. März um 4.23 Uhr habe eine Verletzung des polnischen Luftraums durch einen in dieser Nacht von einem Langstreckenflugzeug Russlands abgeschossenen Marschflugkörper stattgefunden, schrieb der Generalstab der polnischen Streitkräfte auf der Plattform X. Ziele der Angriffe seien Städte in der Westukraine gewesen. Das Objekt sei in der Nähe des Dorfes Oserdow in den polnischen Luftraum eingetreten und sei dort 39 Sekunden lang geblieben.
Während des gesamten Fluges sei es von militärischen Radarsystemen beobachtet worden, hieß es weiter. Es seien alle notwendigen Verfahren zur Gewährleistung der Sicherheit des polnischen Luftraums eingeleitet worden. Unter anderem seien die polnische und verbündete Luftwaffen aktiviert worden.
Das polnische Militär hatte bereits Ende Dezember die Verletzung seines Luftraums durch eine russische Rakete festgestellt. Das Außenministerium in Warschau hatte daraufhin den Geschäftsträger der russischen Botschaft vorgeladen und ihm eine Protestnote übergeben. Darin wurde Russland zu einer „Erklärung des Vorfalls der Luftraumverletzung und der sofortigen Einstellung solcher Aktivitäten“ aufgefordert.
Im November 2022 war in einem polnischen Dorf im Grenzgebiet zur Ukraine eine Rakete eingeschlagen, zwei Zivilisten kamen ums Leben. Der Westen geht davon aus, dass es sich um eine ukrainische Flugabwehrrakete gehandelt hat, die zur Verteidigung gegen russische Angriffe eingesetzt worden war.
Russland beschießt regelmäßig Ziele im Hinterland
Russland beschießt regelmäßig Ziele im Hinterland der Ukraine, zerstört dabei Wohnhäuser, Objekte der Energie- und Wasserversorgung sowie andere Infrastruktur. Außerdem werden Zivilisten getötet oder verletzt. Die Hauptstadt Kiew war allerdings zuletzt rund eineinhalb Monate von diesen Attacken verschont geblieben.
Anlass der erneuten Angriffe könnten sowohl die zuletzt verstärkten ukrainischen Angriffe auf die russische Grenzregion Belgorod als auch eine Drohnenattacke auf den Flugplatz Engels im Wolgagebiet Saratow 500 Kilometer von der Grenze entfernt sein. Auf dem Flugplatz sind strategische Bomber des Typs Tu-95 stationiert, die nun beim Beschuss von Kiew eingesetzt wurden.
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